Wenn du gerade eine schwere Zeit durchmachst und um etwas oder jemanden trauerst, sind deine Menschen in deiner Umgebung vielleicht oft ratlos und hilflos. Hilflosigkeit ist selten ein angenehmes Gefühl, denn wir streben psychologisch gesehen nach Selbstwirksamkeit. Nach Kontrolle. Nach Orientierung.
Und auch Menschen, die trauern, egal um einen Menschen, den sie durch Krankheit, Tod, Scheidung, Streit u.v.m. verloren haben, fühlen sich oft selbst hilflos. Und meist auch sprachlos. Wir wissen aus der Forschung, dass Worte finden, das Rumpelstilzchen benennen zu können, uns hilft, mit diesen Gefühlen besser umzugehen. Aber was, wenn diese einfach (noch) nicht da sind? Sodass du sie vielleicht aufschreiben könntest, dich aber in Gesprächen so fühlst als ob du ständig dasselbe wiederholen würdest. Unsere Umgebung ist in vielen Fällen geduldig, aber es hat oft seine Grenzen und das spüren wir. Selten wollen Freunde oder Bekannte ständig die gleiche Leier hören. Und du vielleicht selbst auch nicht. Das verstärkt dann die empfundene Einsamkeit oder Isolation.
Mich hat eine Aussage von Irvin Yalom, einem US-amerikanischen Psychotherapeuten vor Jahren sehr geprägt: „kein Mensch macht exakt dieselben Erfahrungen“. Und weiter führt er dann aus, dass durch Sprache wir aber unsere Erfahrungen einem Gegenüber nachvollziehbar machen können. Eine Stück Distanz bleibt jedoch, aber wir können uns eben annähern.
Nur, was wenn die Worte fehlen? Und eben die Geduld, sich auch nach Jahren noch Geschichten vom Ex der Freundin anzuhören? Oder der verstorbenen Person? Oder Wut auszuhalten, die Trauernde auch empfinden können, weil sie hadern? Menschen können ja auch Körperteile verlieren und alle diese Menschen müssen sich in einer neuen Identität, einem neuen Ich und Jetzt zurechtfinden. Es ist eine Geschichte der Transformation. Wusstest Du, dass Schmetterlinge ihre eigenen Kinder gar nicht mehr erleben nachdem sie sich entpuppt haben? Sie leben oft nur für einen Tag...
Ich habe früher oft auch den Satz verwendet, „melde dich, wenn du etwas brauchst“ bis ich selbst in der Situation des Trauerns war und merkte, dass er auch Distanz kreiieren kann. Denn es ist eh alles schon so anstrengend, dazu kommt die erwähnte Sprach- und Hilflosigkeit. Und in dem Eindruck, eh schon allen zur Last zu fallen mit meiner eigenen Trauer auch eine Abfuhr zu kassieren, weil die Person gerade mit ihrem „normalen“ Leben beschäftigt ist, scheint dann eine größere Hürde als es wahrscheinlich ist. Jedenfalls gibt sie dem oder der Trauernden die volle Verantwortung und das ist ja eben gerade so schwer.
Was besser funktioniert(e) für mich (ich bin ja noch nicht fertig): wenn mir Menschen vermitteln, dass sie wirklich da sein können. Auch unangenehme Gefühle aushalten können. Nicht böse sind, wenn du aber doch absagst, weil es alles noch so viel Kraft kostet. Wenn sie nachfragen und Raum geben, möglicherweise auch ablenken. Vielleicht indem sie mir lustige Sachen schicken, aber so den Raum eröffnen und zeigen, dass sie da sind. Dass ich mich melden kann mit Leichtem. UND Schwerem. Dem Leben halt.

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